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Herausforderungen der digitalen Transformation

Teil 12: Nur mit Investitionen in digitale Initiativen und digitales Know-how können die Herausforderungen der digitalen Transformation besiegt werden

Digitale Transformation

von Sven Ruoss
26.06.2016
Digitale Transformation

Obschon viele Unternehmen die Notwendigkeit der digitalen Transformation sehen, kämpfen die meisten mit etlichen Barrieren bei der Implementierung. Die digitale Transformation ist ein typischer Wandlungsprozess, der von professionellem Change Management begleitet werden sollte. Die digitale Transformation bedeutet einen grossen Veränderungsprozess, in den sämtliche drei Ebenen, die auf Veränderungen einwirken können, involviert sind. Es kommt einerseits mit grosser Wahrscheinlichkeit zu Veränderungen in der Aufbauorganisation (Strukturen, Reorganisationen), andererseits auch zu Veränderungen in der Ablauforganisation (Prozesse, Rollen, Verantwortlichkeiten, Aufgaben) sowie im sozialen Gefüge und im persönlichen Arbeitsverhalten (Werte der Zusammenarbeit, Führungsinstrumente, Aufgaben).

Typische Herausforderungen der digitalen Transformation

Gemäss einer Befragung vom MIT Center for Digital Business sind die Herausforderungen für die digitale Transformation unterschiedlich und vielschichtig. Als grösste Herausforderung wird die fehlende Dringlichkeit betrachtet. Die Digitalisierung ist ein schleichender Prozess und die meisten Unternehmen stehen noch nicht in Brand. Überraschenderweise stellen sich als zweitgrösste Herausforderung die fehlenden finanziellen Mittel heraus. Der Autor dieser Arbeit erklärt sich dies damit, dass einerseits der Business Case für digitale Projekte oft mit grosser Unsicherheit verbunden ist und andererseits digitale Projekte häufig erst langfristig grossen Nutzen stiften. In der oftmals eher kurzfristigen Perspektive des Managements werden Investitionen für digitale Projekte daher nur sehr zögerlich getätigt. Als drittgrösste Hürde werden die Einschränkungen beim IT-System genannt. Oftmals sind die Beziehungen zwischen Business und IT innerhalb der Unternehmen schlecht. Für die digitale Transformation ist aber eine enge, kollaborative Zusammenarbeit zwischen Business und IT zwingend. Auch wird häufig genannt, dass die IT ein Flickwerk der letzten 50 Jahre ist, zu dem über die Jahre immer weitere Applikationen und Systeme hinzugekommen sind und so die Komplexität ins Unermessliche gestiegen ist.

Die grössten Herausforderungen bei der digitalen Transformation gemäss einer Befragung durch das MIT Center for Digital Business

Als weitere Herausforderungen für die digitale Transformation folgen „unklare Rollen und Verantwortlichkeiten“, „fehlende Vision“, „unklarer Business Case“, „Silodenken“, „fehlende Veränderungskultur“, „fehlende Führungsfähigkeiten“ und regulatorische Einschränkungen“.

Die Herausforderungen der digitalen Transformation ähneln in vielen Punkten den üblichen Herausforderungen bei Change Management Projekten. Bei Veränderungsprojekten werden oftmals das Verändern von Denkweisen und Einstellungen, Ressourcenknappheit, Unternehmenskultur, mangelndes Commitment des höheren Managements, Unterschätzung der Komplexität, mangelnde Transparenz durch fehlende oder falsche Kommunikation, mangelndes Change Management Know-how, mangelnde Motivation der betroffenen Mitarbeitenden, das Verändern von IT-Systemen, externe Faktoren oder technologische Barrieren als grosse Herausforderungen genannt.

In einigen Punkten unterscheidet sich die digitale Transformation auch von den üblichen Veränderungsprojekten. In Veränderungsprojekten ist die IT lediglich in wenigen Fällen eine Herausforderung, bei der digitalen Transformation zählen aber mögliche Barrieren mit dem IT-Team bzw. Einschränkungen beim IT-System zu den grössten Herausforderungen. Dieser Unterschied ist nachvollziehbar, da die Technologie Treiber für die digitale Transformation ist. Auch die Dringlichkeit stellt einen Unterschied bei den Herausforderungen dar. Bei Veränderungsprojekten ist der fehlende Sinn für Dringlichkeit lediglich eine untergeordnete Barriere, bei der digitalen Transformation scheint er die grösste Hürde zu sein. Obschon die meisten Mitarbeitenden privat die neuen Technologien wie Smartphones und Social Media intensiv nutzen, werden in Unternehmen die Potenziale noch unterschätzt. Nach Meinung des Autors stellt dies ein Risiko dar, da einige Unternehmen durch den fehlenden Sinn für Dringlichkeit den digitalen Transformationsprozess zu spät starten und dadurch ins Trudeln geraten könnten. Eigentlich sollten die Unternehmen den Effekt von Technologien in der kurzfristigen Perspektive eher überschätzen.

Roy Amara hat dies prägnant in seinem bekannten Statement auf den Punkt gebracht:

We tend to overestimate the effect of a technology in the short run and underestimate the effect in the long run.“

Kategorisierung der typischen Herausforderungen der digitalen Transformation

Die typischen Herausforderungen der digitalen Transformation können in die drei Themenbereiche „Initiierung“, „Implementierung“ und „Koordination“ kategorisiert werden (untenstehende Abbildung). Dabei sind die beiden Bereiche „Initiierung“ und „Implementierung“ auf der zeitlichen Ebene des Change Managements angesiedelt, während „Koordination“ unabhängig von der Projektphase jederzeit eine mögliche Herausforderung darstellt.

Strukturierung der Herausforderungen der digitalen Transformation (eigene Darstellung, in Anlehnung an MIT Center for Digital Business)

Die drei entscheidenden Erfolgsfaktoren

Die Experten der MIT-Studien sehen drei entscheidende Erfolgsfaktoren, die wesentlich zum Gelingen einer digitalen Transformation beitragen:

  1. Klare Vision für das zukünftige digitale Geschäft
  2. Investitionen in digitale Initiativen und digitales Know-how
  3. Führung der digitalen Transformation durch Topmanagement

Im Change Management wird klassisch mit einer Vision gestartet. Die Diskussion im Topmanagement um die Vision fördert eine einheitliche Sichtweise auf die aktuelle interne und externe Situation und auf die angestrebte Vision. Durch das gemeinsame Formulieren einer Vision wird das Management zum Initiator der digitalen Transformation.

Ohne Investitionen funktionieren Transformationen nicht. Bei der digitalen Transformation ist dies nicht anders. Digitale Projekte benötigten Ressourcen. Häufig fehlt das digitale Know-how, sodass neue Mitarbeitende als digitale Experten rekrutiert werden. Der digitale Transformationsprozess muss vom Topmanagement geführt werden, auch die Kommunikation ist Chefsache. Kontinuierliche Top-Down-Kommunikation reduziert den internen Widerstand.

12-teilige Serie zum Thema “Digitale Transformation”

Dieser Artikel ist ein Teil einer 12-teiligen Serie zum Thema “Digitale Transformation”. Die weiteren Teile findet man unter folgenden Links.

 

Über Sven Ruoss (31. Mai 1982): Sein Berufsweg führte Ihn von der Beratungs- in die Medienbranche. Seit vier Jahren arbeitet er im Bereich Business Development bei verschiedenen Medienunternehmen in der Schweiz (Tamedia, watson) und setzt sich für die digitale Transformation in der Medienbranche ein. Nebenamtlich ist Ruoss als Studienleiter des CAS Social Media Management und als Dozent am Center for Digital Business der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich engagiert. Sein Betriebswirtschaftstudium schloss Ruoss 2008 als M.A. in Marketing, Services and Communication Management an der Universität St. Gallen (HSG) ab. In seiner Freizeit rennt er gerne Marathons. Mindestens einmal pro Jahr macht er eine digitale Diät und besteigt Berge - ohne Smartphone und ohne Internet. www.svenruoss.ch

 

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